Worum geht es in der



bindungsfokussierten


Psychotherapie?

Die bindungsfokussierte Psychotherapie basiert auf der Bindungstheorie nach Bowlby und beginnt schon mit der Bindungsentwicklung zwischen Mutter und Fetus. Mit Beginn der Schwangerschaft wirkt die psychische Verfassung der Schwangeren auf die Entwicklung des Fetus ein. Je ruhiger, entspannter und eingestimmter die Mutter im Kontakt zum Ungeborenen ist, desto förderlicher ist dieses für die Entwicklung einer sicheren Bindung vom Säugling zur Mutter.

Die Bindungsqualität wird dann nach der Geburt weiter gestärkt, durch feinfühliges Verhalten der Bezugsperson, welche in der Lage sein muss, die Signale des Kindes wahrzunehmen, sie richtig zu interpretieren und diese dann angemessen und prompt zu befriedigen. Dies geschieht in den vielfältigen alltäglichen Interaktionen unzählige Male. Wird der Säugling genügend feinfühlig wahrgenommen und versorgt, baut er eine sichere Bindung zu seiner Bezugsperson auf.

Werden dagegen die Bedürfnisse in den Interaktionen mit den Bezugspersonen gar nicht, nur unzureichend oder inkonsistent, etwa in einem für den Säugling nicht vorhersehbaren Wechsel zwischen Verwöhnung oder Überstimulation und zu großer frustrierender Versagung- beantwortet, entwickelt sich häufig eine unsichere Bindung.

Konnte das Kind eine sichere Bindung zu seiner Bezugsperson aufbauen, trägt dieses maßgeblich zu seiner psychischen Stabilität bei, welche auch die Grundlage dafür bildet, dass das Kind seine Umwelt erforscht und sich dabei selbst effektiv und handelnd erfährt.

Bindung und Autonomie in der Psychotherapie

In der bindungsfokussierten Psychotherapie lässt sich sehr gut beobachten, dass sich zum größten Teil alle psychischen Beschwerden in den Kontext des Bindungs- oder Autonomieverhaltens des Menschen einbetten lassen. Unsicher gebundene Menschen haben häufig Unsicherheiten und Ängste bezogen auf sich selbst und ihr Handeln und oft Schwierigkeiten im Kontakt mit Menschen und ihrer Umwelt, die eigenen Bedürfnisse genügend gut zu spüren und abzugrenzen.

Dadurch entsteht meistens ein Konflikt zwischen dem Ausleben der eigenen Bedürfnisse und dem Verzicht auf die eigenen Bedürfnisse, so dass sich der unsicher gebundene Mensch deshalb häufig zerrissen, angespannt, gestresst, ängstlich, erschöpft, machtlos oder ohnmächtig fühlen kann und sich überwiegend den Bedürfnissen der anderen oder in einer Situation anpasst. Die Erlaubnis und Ermutigung das eigene Sein zu leben, werden nicht genutzt, oft von der Überzeugung getragen nicht wichtig und wertvoll zu sein und ohnehin nichts bewirken zu können.

Die bindungsfokussierte Psychotherapie bietet hier den therapeutischen Rahmen unter anderem mit der inneren Kindarbeit, einerseits sollen neue korrigierende Erfahrungen im Hier und Jetzt nachgeholt werden und andererseits alte Erfahrungen lösend bearbeitet werden, so dass der Klient ein neues sicheres, stabiles Fundament in sich ausbilden kann, von dem er sein eigenes Leben nach seinen Bedürfnissen lernt zu gestalten und gesund abzugrenzen.

Bindung und Trauma in der Psychotherapie

In der bindungsfokussierten Psychotherapie steht die Behandlung dysfunktionaler Bindungsmuster, Bindungsstörungen sowie Bindungstraumata im Vordergrund. Ein Bindungstrauma kann auch als Entwicklungstrauma, Kindheitstrauma, Typ 2 -Trauma oder Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung K-PTBS bezeichnet werden. Ähnlich wie bei der PTBS kann es zur Ausbildung einer Reihe von Beschwerdebilder kommen.

Angststörungen / Akute Belastungsstörung / Anpassungsstörung / Depressive Reaktionen / Dissoziative Störungen / Somatoforme Störungen / Essstörungen / Sexuelle Funktionsstörungen / Depersonalisation- Derealisation / Persönlichkeitsstörungen / Andauernde Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung / Zwangsstörungen.

Menschen mit Bindungstrauma haben eine Reihe von traumatischen Erfahrungen, oft verschiedenster Art hinter sich. Es gibt oft keinen eindeutigen Anfang und kein wirkliches Ende. Traumatisierende Entwicklungsbedingungen in der Kindheit sind zum Beispiel körperliche und seelische Misshandlungen, Vernachlässigungen, sexueller Missbrauch, häufige Wechsel der Bezugspersonen und der Wohnorte, überleben mit sich misshandelnden Eltern und chronisch kranken Eltern.

Die erlebten Erfahrungen hinterlassen einen traumatischen Stress, welcher eine verminderte Stress Resilienz bewirkt, so dass der Klient sich schneller überfordert fühlen kann, also leichter unter Druck und Anspannung gerät, dieses wiederum hat körperliche und geistige Auswirkungen.

Je länger die Stressreaktionen anhalten und je weniger diese beinflussbar erscheinen, desto größer wird der individuelle Leidensdruck im psychischen und physischen Erleben des Klienten.

In der bindungsfokussierten Psychotherapie geht es also auch maßgeblich um die Verminderung des traumatischen Stresses, indem das Bindungstrauma verarbeitet wird und neue Fähigkeiten im Umgang mit Stress gelernt werden, damit das subjektive Erleben mit Kompetenz, Erfolg, Freude und Stolz möglich wird, statt von Misserfolg, Frustration, Ärger, Ohnmacht und Scham geprägt bleibt.

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